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Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler- Unterschiede, Pflichten, Haftung

Wer in der Versicherungsbranche tätig ist, steht irgendwann vor der Frage: Will ich als gebundener Vertreter arbeiten – oder den Weg in die Unabhängigkeit als Makler gehen? Beide Tätigkeitsformen haben rechtlich ganz unterschiedliche Grundlagen, Pflichten und Haftungsrisiken. In diesem Beitrag erläutere ich die zentralen Unterschiede, die Voraussetzungen zum Einstieg sowie wichtige höchstrichterliche Rechtsprechung – inklusive praktischer Hinweise für alle, die den Wechsel planen.

 

Berufseinstieg: So wird man Vertreter oder Makler

Versicherungsvertreter benötigen keine eigenständige gewerberechtliche Erlaubnis, wenn sie im Auftrag eines Versicherungsunternehmens tätig werden. Die Vermittlung erfolgt in der Regel als gebundener Vertreter (§ 34d Abs. 7 GewO). Der Versicherer übernimmt dann die gewerberechtliche Verantwortung und meldet den Vertreter bei der IHK. Eine eigene Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO ist nur nötig, wenn der Vertreter nicht ausschließlich für ein einziges Unternehmen arbeitet.

Versicherungsmakler hingegen benötigen immer eine eigene Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO, da sie im Kundeninteresse tätig sind und eigenverantwortlich Versicherungen vermitteln. Zusätzlich erforderlich:

  • Eintrag im Vermittlerregister
  • Nachweis von Sachkunde (z. B. IHK-Prüfung)
  • Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung

Damit ist bereits der erste Unterschied klar: Der Makler ist rechtlich selbstständig und haftet eigenverantwortlich – der Vertreter handelt im Auftrag des Versicherers.

Rechtliche Stellung:

Vertreter = Versicherer

Makler = Kunde

Der Versicherungsvertreter ist als sogenannter Handelsvertreter (§ 84 HGB) unmittelbarer Interessenvertreter des Versicherers.

Er handelt weisungsgebunden und vermittelt ausschließlich Produkte „seines“ Unternehmens (oder einer kleinen Auswahl bei Mehrfachagenten). Die rechtliche Beziehung besteht also primär zwischen dem Versicherer und dem Vertreter, nicht zwischen dem Kunden und dem Vertreter. Der Vertreter ist letztlich der „verlängerte Arm“ des Versicherers – mit allen Konsequenzen.

 

Der Versicherungsmakler hingegen ist rechtlich auf der Seite des Kunden. Er schließt einen Maklervertrag mit dem Versicherungsnehmer ab, der ihm den Auftrag zur Vermittlung eines optimalen Versicherungsschutzes erteilt. Juristisch gesehen handelt es sich beim Versicherungsmakler um den Sachwalter des Kunden – das hat der Bundesgerichtshof in der berühmten Sachwalter-Entscheidung (BGH, Urteil vom 22.05.1985 – IVa ZR 190/83) klargestellt.

 

Der Makler ist somit verpflichtet, im besten Interesse des Kunden zu handeln, den Markt sorgfältig zu analysieren und das passende Produkt zu vermitteln – unabhängig davon, mit welchem Versicherer er am Ende zusammenarbeitet.

Beratungspflichten und Haftung -die Unterschiede im Detail

Pflichten des Versicherungsvertreters

  • Aufklärung über die vermittelten Produkte
  • Beratungspflicht beschränkt sich auf das Angebot des Versicherers
  • Keine Pflicht zur Marktanalyse
  • Dokumentationspflicht gemäß § 61 VVG besteht
  • Weisungsgebunden gegenüber dem Versicherer

 

Haftung:

Grundsätzlich haftet der Versicherer für Fehler seiner Vertreter. Eine persönliche Haftung des Vertreters kommt nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz in Betracht – sie ist in der Praxis eher selten.

 

Pflichten des Versicherungsmaklers

  • Umfassende Bedarfsanalyse des Kunden
  • Pflicht zur Marktanalyse und zum Vergleich verschiedener Angebote
  • Unabhängige und anlassbezogene Beratungspflicht
  • Pflicht zur Beratungsdokumentation gemäß § 61 VVG
  • Eigenverantwortung in der Vertragsgestaltung und Auswahlentscheidung

 

Haftung:

Die Haftung des Maklers ist grundsätzlich umfassend und persönlich – insbesondere bei Falschberatung, unterlassener Risikoaufklärung oder mangelhafter Produktauswahl. Diese Haftungspflichten sind jedoch überschaubar, wenn der Makler seiner Dokumentationspflicht sorgfältig nachkommt und – wie in der Praxis üblich – mit Maklerpools zusammenarbeitet, die professionelle Vergleichs- und Analysetools zur Verfügung stellen.

 

Zudem ist jeder Makler verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, die ihn gegen typische Vermögensschäden absichert.

 

Augen- und Ohrenrechtsprechung - was bedeutet das?

Ein weiterer zentraler Unterschied zeigt sich in der sogenannten „Augen- und Ohrenrechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs. Danach wird dem Versicherer das Verhalten seines Vertreters wie „eigene Augen und Ohren“ zugerechnet. Fehler des Vertreters gelten als Fehler des Versicherers. Das bedeutet konkret: Erkennt der Vertreter etwa eine gesundheitliche Vorbelastung des Kunden, muss sich der Versicherer dieses Wissen zurechnen lassen – selbst wenn es nicht im Antrag steht.

 

Für Makler gilt diese Rechtsprechung nicht. Ihre Pflichten ergeben sich nicht aus einer Zurechnung, sondern aus der eigenen vertraglichen Verantwortung gegenüber dem Kunden. Daraus folgt eine andere Art der Haftung – aber eben auch mehr Unabhängigkeit und Entscheidungsspielraum.

 

 

Fazit: Makler oder Vertreter -was passt zu wem?

Wer gerne im System eines Versicherers arbeitet, klare Vorgaben schätzt und keine eigene Haftung tragen möchte, ist als Versicherungsvertreter gut aufgehoben. Der Einstieg ist unkomplizierter, die Verantwortung geringer – dafür aber auch die Unabhängigkeit stark eingeschränkt.

 

Wer hingegen eigenständig arbeiten, unabhängig beraten und seinen Kunden den bestmöglichen Schutz aus dem gesamten Markt bieten will, sollte den Weg als Versicherungsmakler wählen. Die Verantwortung ist größer – die Möglichkeiten und Freiheiten aber auch. Zudem ist die Haftung mit einem strukturierten Beratungsprozess und guter Berufshaftpflichtversicherung rechtssicher beherrschbar.

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Durch meine Spezialisierung auf das Versicherungsrecht und meine Erfahrung aus der Versicherungsbranche selbst kenne ich beide Seiten – die der Versicherer und die der Makler.

 

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