Bevor ein Versicherer ein bestimmtes Risiko versichern kann, treffen den Versicherungsnehmer eine Vielzahl an Anzeigepflichten- wobei man hier eher von Obliegenheiten spricht-da der Versicherer die Auskünfte nicht selbstständig einklagen kann. Sinn und Zweck der Anzeigeobliegenheiten ist der, dass der Versicherer, dass ihm angetragene Risiko zutreffend einschätzen kann.
So soll der Versicherer in die Lage versetzt werden, eine sachgerechte Entscheidung über den Vertragsschluss sowie über die einzusetzenden AVB und die Prämienhöhe zu treffen. Die Regelung dient damit einem Informationsdefizit des VR hinsichtlich der tatsächlichen Risikoumstände Rechnung.
Der Versicherer ist dabei auf eine ehrliche Beantwortung seiner Antragsfragen angewiesen.
Falschangaben werden daher bereits durch den Gesetzgeber vergleichsweise streng sanktioniert.
Für den Versicherungsnehmer ist es jedoch schwer zu erkennen, welche Gefahrumstände für das versicherte Risiko bedeutsam sind, weshalb es im Wesentlichen darauf ankommt, dass der Versicherer zulässig nach den -für ihn bedeutsamen- Gefahrumständen schriftlich gefragt.
Stellt der Versicherer fest, dass der Versicherungsnehmer bei der Antragstellung, falsche Angaben getätigt hat, stehen ihm erhebliche Gestaltungsrechte zu, die wir nachfolgenden erläutern.
(1) 1Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. 2Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) 1Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. 2In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) 1Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. 2Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) 1Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. 2Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) 1Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. 2Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
Fragen des Versicherers
Der Versicherungsnehmer muss nur solche Gefahrumstände angeben, nach denen der Versicherer schriftlich gefragt hat. Dabei stellt sich gerade in der heutigen Zeit die Frage, wer eigentlich der Fragesteller ist-da sich die Versicherungswirtschaft einer Vielzahl an externen Dienstleistern (Versicherungsagenturen, Versicherungsvertreter, Versicherungsmaklern, Sachverständige, Ärzte ect.) bedient.
Um der Versicherungspraxis gerecht zu werden, kann die Frage grundsätzlich auch durch einen vom VR beauftragten Arzt gestellt werden.
Unzureichend sind hingegen Fragen des Maklers, sofern sich der Versicherer die Fragen des Versicherungsmaklers nicht zu eigen macht. Für ein Sichzueigenmachen muss für den VN ersichtlich werden, dass es sich um Fragen des VR handeln soll. Ausreichend ist es, wenn die Fragen in einem an den VR gerichteten Antragsformular enthalten sind und der VN überdies deutlich darauf hingewiesen wird, dass mit ihrer Beantwortung die gegenüber dem VR bestehende Anzeigepflicht erfüllt wird
Textform
Die Fragen müssen dem Versicherungsnehmer zwingend in Textform gestellt werden. Damit soll dem Versicherungsnehmer Klarheit über den Inhalt der Fragen gegeben werden.
Das Textformerfordernis erfüllt zudem eine Dokumentationsfunktion; diese wird durch die Warnfunktion des weiteren Textformerfordernisses in Abs. 5 S. 1 bzgl. der Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung ergänzt.
Mündlich gestellte Fragen sind daher umbeachtlich. Das gilt auch für den Fall, dass der Versicherungsvertreter die Fragen vorliest, es sei denn: Der Versicherungsvertreter übergibt sodann den ausgefüllten Fragenkatalog zur Durchsicht, Überprüfung und häufig auch zur Unterschrift.
Bei einem Vertragsschluss im Internet müssen die Fragen dem Versicherungsnehmer auf einem dauerhaften Datenträger zugänglich gemacht werden. Vorrichtungen zur Speicherung digitaler Inhalte (z. B. CD-Rom, USB-Stick, Speicherkarten, Festplatten) und E-Mails erfüllen jene Voraussetzung, die bloße Bereitstellung der Erklärung auf einer „herkömmlichen“ Website („ordinary website“) dagegen nicht
Werden dem VN die Antragsfragen über einen Hyperlink auf einer Website zugänglich gemacht, wird dem Textformerfordernis selbst dann nicht entsprochen, wenn der VN vor Vertragsschluss zur Bestätigung ihres Downloads aufgefordert wird, dass hatte bereits der EuGH höchstrichterlich entschieden.
Verständnis der Fragen
Fragen sind manchmal mehrdeutig. Daher kommt es grundsätzlich nicht darauf an, wie der Versicherungsnehmer die Frage konkret verstanden hat oder der Versicherer sie verstanden haben will, sondern im Streitfall ist auf den Verständnishorizont eines durchschnittlichen VN, der die Fragen verständig durchliest abzustellen. Bei der Beantwortung ist nicht am Wortlaut zu haften; vielmehr sind die Fragen so aufzufassen, wie sie in einer auch für den VN erkennbaren Weise ersichtlich gemeint sind.
Gerade die Beantwortung von Gesundheitsfragen in den Personenversicherungen stellen den Versicherungsnehmer regelmäßig vor Herausforderungen- da nicht selten unklar ist, was tatsächlich (zB. an Beschwerden) angegeben werden muss-und was nicht. An dieser stelle empfehlen wir, sowohl Versicherungsnehmern als auch Versicherungsvermittlern-vor Beantwortung der Fragen, sich einen entsprechenden Auszug des vorherigen Krankenversicherers (Krankenkasse) oder der Patientenakte einzuholen.
In der privaten Krankenversicherung kommt es nicht nur auf die Erheblichkeit der einzelnen Krankheit an, sondern auch auf das durch die Häufigkeit der behandelten Krankheiten geprägte Gesamtbild des Gesundheitszustandes. Den Gesundheitsfragen kommt in der Praxis eine erhebliche Bedeutung zu. Sie sind daher sehr gewissenhaft zu beantworten.
Häufige kleinere Beschwerden sollen aber nicht gefahrerheblich sein, wenn eine längere Karenzzeit vereinbart ist.
Aber Gesundheitsstörungen, Beschwerden und Schmerzen sind bei konkreter Frage des Versicherers auch dann anzeigepflichtig, wenn sie ärztlich noch nicht eindeutig einer Krankheit zugeordnet worden sind. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der VN die Beschwerden für harmlos hält, es sei denn, dies ist offenkundig (z.B. Schnupfen).
Anzugeben sind auch länger zurückliegende Erkrankungen (meistens der letzten 5 -10 Jahre). Ohne Bedeutung ist es, dass der VN die genaue medizinische Diagnose nicht gekannt hat oder die genaue Diagnose falsch war oder noch fehlte Anzugeben sind insbes. auch Verdachtsdiagnosen, soweit sie sich auf eine chronische Erkrankung beziehen, die auch dann nicht als geheilt angesehen werden kann, wenn über einen längeren Zeitraum keine Beschwerden auftreten.
Einzelne Krankheiten, Beschwerden die anzuzeigen sind:
Operationen und Behandlungen
Ist nach geplanten Behandlungen oder Operationen gefragt, so fällt hierunter auch die ernsthafte – durch Gespräche mit Ärzten dokumentierte – Absicht einer In-vitro-Fertilisation
Wurde nach angeratenen Zahnbehandlungen gefragt, sind auch aus guten Gründen abgelehnte Behandlungen anzuzeigen
Untersuchungen:
Befundlose Vorsorgeuntersuchungen fallen nicht unter die Anzeigepflicht , wohl aber – zumindest der Sache nach – Untersuchungen, die aufgrund einer Überweisung anstehen . Führt hingegen eine Untersuchung zur ärztlichen Feststellung eines anormalen Zustandes, ist dieser auch dann anzuzeigen, wenn es sich um eine Erstdiagnose handelte und der Arzt noch keine medikamentöse Behandlung verordnet hat.
In der Berufsunfähigkeitsversicheurng sind auch anzugeben
In der Unfallversicherung sind anzeigepflichtig zum Beispiel:
nicht aber Schmerzen und Beschwerden, wenn nur nach Erkrankungen und Gebrechen gefragt ist
In der Rechtsschutzversicherung:
Auf Frage muss ein Suizidversuch angegeben werden
Gebäudeversicherung/ Diebstahl: