Kaum ist die Kündigung des Handelsvertretervertrages ausgesprochen, beginnen die Provisionsrückforderungen des Versicherers oder Strukturvertriebes.
doch längst nicht jede Provisionsrückforderung (oder Verrechnung mit der aufgebauten Stornoreserve ist auch rechtmäßig.
Es empfiehlt sich in jedem Fall einen spezialisierten Rechtsanwalt (mit dem Schwerpunkten Handelsrecht, Versicherungsrecht, Vertriebsrecht, Bank,- und Kapitalmarktrecht) zu beauftragen, wenn der (ehemalige) Vertriebspartner die Provisionen zurückfordert. Wir geben hier einen Überblick- der aber keinesfalls eine Rechtsberatung / Vertretung ersetzen kann!
Damit der Vertriebspartner die Provision auch wirksam zurückfordern kann, obliegen ihm einige Pflichten, denn er hat auch nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, dass Provisionsinteresse des Versicherungsvermittlers zu wahren.
Hierbei steht dem Unternehmen grundsätzlich ein Wahlrecht zu, wie es dieser Verpflichtung nachkommt.
Entweder versendet es rechtzeitig eine Stornogefahrmitteilung oder es ergreift selbst angemessene Stornoabwehrmaßnahmen.
Aus der täglichen Praxis lässt sich ohne weiteres konstatieren, dass der Versicherer / Vertrieb während des laufenden Vertragsverhältnisses (Handelsvertretervertrag) von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, eine Stornogefahrmitteilung zu versenden. Hingegen wird er bei ausgeschiedenen Vermittlern auf die Möglichkeit zurückgreifen, selbst (oder durch den Nachfolger) entsprechende Abwehrmaßnhamen zu ergreifen.
Was konkret erwartet wird, ist im Einzelfall und von Gericht zu Gericht unterschiedlich. So lässt sich der Rechtsprechung zum Beispiel entnehmen:
BGH, 25.05.2005 - VIII ZR 279/04:
„Art und Umfang der einem Versicherungsunternehmen gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene geeignete Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten.
Nach dieser Auffassung, die der erkennende Senat teilt, kann das Versicherungsunternehmen entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, was im Streitfall von ihm darzulegen und zu beweisen ist, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten“
Was konkret vom Unternehmen gefordert wird, stellt das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, 13.01.2017 – I-16 U32/16) exemplarisch dar:
„Dem Versicherer obliegt es, nachdem er aus freien Stücken den ihm angetragenen Vertrag mit dem Kunden abgeschlossen hat, sich im Wege der erforderlichen Nacharbeit um die Rettung des wegen ausbleibender Prämienzahlung auflösungsgefährdeten Vertrags ausreichend zu bemühen, selbst wenn es sich um die ausstehende Erstprämie handelt. Gleiches gilt bei sonstigen sich abzeichnenden, provisionsrelevanten Gefährdungen des Bestands. Unterlässt der Versicherer aber in beider Hinsicht ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahmen, muss er sich entsprechend dem Rechtsgedanken des § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB und des § 162 Abs. 1 BGB sowie wegen der gegenüber dem Versicherungsvertreter bestehenden Treuepflicht so behandeln lassen, als sei eine erfolgreiche Nachbearbeitung erfolgt und als sei der Provisionsanspruch des Vertreters endgültig entstanden (vgl. Senat, Urteil vom 23. Mai 2014, Az.: I-16 U 133/13; Urteil vom 13. November 2015, Az.: I-16 U 227/14; OLG Köln, Beschluss vom 13. November 2014, Az.: 19 U 99/14, zitiert nach , Rn. 4). aa. Zu solchen Bemühungen gehört es, dass der Versicherer, der nicht selbst nachbearbeitet, jedem mit ihm vertraglich verbundenen Handels- oder Untervertreter, dem er die Gesamtprovision oder einen Teil hiervon auszuzahlen hat, Stornogefahrmitteilungen zukommen lässt (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 92 Rn. 25; Senat, Beschluss vom 21. Februar 2007, Az.: I-16 W 70/06, zitiert nach, Rn. 11; Urteil vom 23. Mai 2014, Az.: I-16 U 133/13; Urteil vom 13. November 2015, Az.: I-16 U 227/14). Diese Mitteilungen müssen den Vertreter so rechtzeitig von der Nichtzahlung der Prämie und - soweit bekannt - deren Gründen unterrichten, dass dieser sich mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung des Vertrags bemühen kann (Senat, a.a.O.). Für die rechtzeitige Absendung der Mitteilung an den Vertreter ist der Unternehmer verantwortlich (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2010, Az.: VIII ZR 310/09, zitiert nach , Rn. 23 f.). Erst mit der ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Stornogefahrmitteilung erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtung nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 92 Rn. 26 f.; Senat, Beschluss vom 21. Februar 2007, Az.: I-16 W 70/06, zitiert nach , Rn. 11; Urteil vom 23. Mai 2014, Az.: I-16 U 133/13; Urteil vom 13. November 2015, Az.: I-16 U 227/14). bb. Übernimmt der Unternehmer hingegen die Nachbearbeitung selbst, muss er alles ihm Zumutbare und objektiv Erforderliche unternehmen, um den Versicherungsnehmer zur Zahlung der Prämie zu veranlassen und dadurch dem Versicherungsvertreter den Provisionsanspruch zu erhalten, bevor er den Versicherungsvertrag vorzeitig auflöst. Der Umfang der Maßnahmen richtet sich zwar nach dem Einzelfall (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 92 Rn. 26; von Hoyningen-Huene, in: Münchner Kommentar, HGB, 3. Auflage, § 92 Rn. 28). Im Interesse des Vertreters ist der Versicherer aber in jedem Fall gehalten, die Gründe für die Nichtzahlung zu erforschen und nach einer Lösung gemeinsam mit dem Prämienschuldner zu suchen. Hierfür werden regelmäßig eine persönliche Rücksprache mit dem Schuldner sowie eine nachdrückliche Zahlungsaufforderung erforderlich sein. Einfache Mahnungen an den Kunden genügen demgegenüber nicht.
Je größer ein Unternehmen ist, so anfälliger ist es auch für Fehler. In der Praxis haben Vermittler vor diesem Hintergrund oftmals vielversprechende Erfolgsaussichten, sich gegen Provisionsrückforderungen zur Wehr zusetzen.
Die klassischen Fehler sind:
Stornogefahrmitteilung
An die Form der Stornogefahrmitteilung sind keine Voraussetzungen gesetzt, sie muss dem Vermittler aber rechtzeitig zugehen. Wichtig ist, dass sie den Vermittler erreicht-wobei dem Versicherer hier eine Beweiserleichterung zukommt, dass er in einem Prozess nur beweisen muss, dass er sie versandt hat!
Aber sie muss rechtzeitig erfolgen. Sinn ist es, dass sie den Versicherungsvermittler in die Lage versetzt, noch erfolgsversprechende Rückgewinnungsversuche durchführen zu können. In der Praxis hat sich hier eine Zeit von 2 Wochen etabliert. Häufigster Fehler der Versicherer ist, dass die Stornogefahrmitteilung mit mit Zugang der Kündigung des Versicherungsnehmers erfolgt, sondern erst, wenn diese Bestätigt wird. Das ist aber in vielen Fällen zu spät!
Ebenfalls glauben viele Versicherer und Vertriebe, dass es ausreichend ist, dem Nachfolger eine entsprechende Stornogefahrmitteilung zu übersenden. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn dieser wird eher daran interessiert sein, die Verträge entsprechend umzudecken (nicht selten indem der ehemalige Vermittler schlecht geredet wird). Erfolgen jedoch (ausnahmsweise adäquate Abwehrmaßnahmen werden sie dem Versicherer zugerechnet).
Ein ebenfalls häufig anzutreffender Fehler ist, dass die Gefahrmitteilungen in das System eingepflegt werden, auf dass der Vermittler aber seit seiner Kündigung gar keinen Zugriff mehr hat. Dann gilt eine solche Versendung nicht als erfolgt.
Stornoabwehrmaßnahmen
Welche Maßnahmen zu ergreifen sind, ist wohl der größte Streitpunkt in der Praxis. Als relativ sicher gilt, dass einfache Mahnschreiben nicht ausreichend sind. Immer mehr setzt sich durch, dass der Versicherer solche Maßnahmen ergreifen muss, die auch der Vermittler ergriffen hätte.
Ob ein tatsächlicher Kontakt erforderlich ist, wird unterschiedlich bewertet.
Häufig besteht Streit darüber, ob auch bei Kleinstorni (50,00 € bis 150,00 €) entsprechende Abwehrmaßnahmen erforderlich sind. Während einige Gerichte der Auffassung sind, dass auch Kleinstorni eine umfassende Nachbearbeitungspflicht auslösen- weil es nicht selten ist, dass der Versicherungsnehmer noch andere Verträge beim Versicherer unterhält, halten es einige Gerichte für unwirtschaftlich und unterstellen, dass der Vermittler hier ebenfalls nicht tätig geworden wäre.
Zudem besteht grundsätzlich keine Nacharbeitungspflicht- wenn eine solche offensichtlich aussichtslos ist. Hier ist die Grenze jedoch weit enger, als sie die Versicherer oftmals interpretieren!
Typische Fälle der Aussichtslosigkeit sind etwa:
In der Praxis ließt man oft, dass es aussichtslos wäre, weil der VN ein Kumpel des Vermittlers wäre. Das dürfte aber nicht ausreichend sein.
Der Versicherer ist hinsichtlich etwaiger Abwehrmaßnahmen und Stornogefahrmitteilungen vollumfänglich darlegungs,- und beweisbelastet!
Es empfiehlt sich hier also, wenn man mit einer Provisionsrückforderung konfrontiert wird, den Versicherer aufzufordern, konkret darzulegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, welche Verträge wann und unter welchen Bedingungen ins Storno geraten sind und wie sich die Abrechnung konkret zusammensetzt (Anteilig nach Haftungszeit). Am geeignetsten ist es in diesem Zusammenhang einen qualifizierten Buchauszug anzufordern!
Nur wenn die überreichten Informationen / Unterlagen für den Vermittler nachvollziehbar und verständlich sind, könnte die Provisionsrückforderung wirksam sein. Ergibt sich aus den Unterlagen keine entsprechende Forderung bzw. der Eindruck, dass die Maßnahmen nicht ausreichend oder nicht beweisbar sind, sollte man es auf einen Prozess - nach Rücksprache mit einem spezialisierten Anwalt für Handelsvertreterrecht ankommen lassen.
Viele Versicherungsvermittler, Handelsvertreter und Finanzdienstleister fühlen sich zunächst einmal erschlagen, wenn sie auf Provisionsrückforderung in Anspruch genommen werden!
Nicht selten ist die Summe existent gefährdet. Das machen sich Versicherer und Strukturvertriebe nicht selten zunutze und bieten eine Ratenzahlung an, die freilich an ein Anerkenntnis gebunden sind. Davon kann grundsätzlich ohne anwaltliche Prüfung nur von abgeraten werden. Stattdessen ist zu empfehlen: