Die sieben Todsünden im Straßenverkehr:
Eventuell haben Sie schon von der Bezeichnung die Todsünden im Straßenverkehr gehört.
Diese Bezeichnung ergibt sich aus dem Straftatbestand des § 315c I Nr. 2 StGB Gefährdung des Straßenverkehrs:
(1) Wer im Straßenverkehr
1. ein Fahrzeug führt, obwohl er
a. infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder andrer berauschender Mittel oder
b. Infolge geistiger und körperlicher Mändel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2. grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a. die Vorfahrt nicht beachtet,
b. falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c. an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d. An unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e. An unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f. Auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder engten der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g. Haltende oder liegengeblieben Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Was wird durch die Norm geschützt?/ Schutzgüter:
Das konkrete Gefährdungsdelikt schützt durch seinen Tatbestand den Eintritt der Gefährdung von Personen und Sachen. Geschützt werden soll durch die Norm zusätzlich auch die Allgemeinheit und die Sicherheit des allgemeinen Straßenverkehrs.
Grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Fahren:
Ein grob verkehrswidriges Verhalten ist gegeben, sobald objektiv ein besonders schwerer Verstoß gegen eine Verkehrsvorschrift und die Sicherheit des Straßenverkehrs vorliegt.
Ferner verlangt der Gesetzgeber, dass man Rücksichtslos handelt, also aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmers hinwegsetzt. Dabei ist mehr als grobe Nachlässigkeit gefordert, wie Leichtsinn und Gleichgültigkeit.
Sache von bedeutendem Wert?
Der BGH hat in seinem Beschluss vom 10. April 2019 (BGH 4 StR 86/19) festgestellt, dass „der Wert der Sache nach dem Verkehrswert und die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen“ sei.
Dabei wird in zwei Schritten vorgegangen.
1. Hat es sich bei der gefährdeten Sache um eine von bedeutendem Wert gehandelt? Dies kann bei älteren oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein. Angenommen wird dies ab einem Wert von 750 Euro.
2. Danach muss festgestellt werden, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann als der allein maßgebliche Gefährdungsschaden.
Rechtsfolge
Die Norm droht Geldstrafe (§ 40 StGB) an oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren an. Zusätzlich kann neben der Strafe noch die Nebenstrafe verhängt werden. Dies wäre das Fahrverbot gem. § 44 StGB.
Führerscheinentzug oder Fahrverbot – Was ist der Unterschied?
Ein Fahrverbot ist eine Nebenstrafe nach § 44 StGB, die für einen bestimmten Zeitraum zwischen einem und sechs Monaten verhängt wird. Während dieses Zeitraums muss der Führerschein bei der zuständigen Behörde abgegeben werden. Durch das Fahrverbot wird der Führerschein nicht ungültig. Sobald die festgelegte Frist endet, darf die betroffene Person wieder im Besitz ihrer Fahrerlaubnis am Straßenverkehr teilnehmen. Werden gegen den Täter mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen gem. § 44 IV StGB.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis stellt hingegen keine Strafe im eigentlichen Sinne, sondern eine Maßnahme der Besserung und Sicherung, dar gem. § 69 StGB. Sie dient nicht der Bestrafung, sondern ausschließlich Präventiven Zwecken. Die Maßregel kann für einen Zeitraum von sechs Monaten bis fünf Jahren angeordnet werden. Während dieser Zeit ist es der Betroffenen Person untersagt, ein Kraftfahrzeug zu führen.
BGH Beschloss vom 15. September 2016 (BGH 4 StR 90/16):
Bespiel für eine Verletzung des § 315 c I Nr. 2 b StGB ergibt sich aus dem folgenden Beschluss des BGH.
Der Autofahrer wollte sich einer Polizeikontrolle entziehen und fahr mit überhöhter Geschwindigkeit übertrieben eine rote Ampel. Die Weiterfahrt
wurde durch andere Verkehrsteilnehmer blockiert, woraufhin der Angeklagte über den Bordstein schräg auf dem Gehweg fuhr. Dabei bestand ein geringer Abstand zu zwei Fahrradfahren. Auf dem
Bürgersteig fuhr er deutlich schneller als mit Schrittgeschwindigkeit weiter.
Der Fahrer hat sich hier gem. § 315 c I Nr. 2b strafbar gemacht durch das falsche Überholen. Überholen ist ein gezielter Verkehrsvorgang, bei dem ein Fahrzeug von hinten an einem anderem vorbeifährt, das sich auf derselben Fahrbahn in gleicher Richtung bewegt. Dies ist abzugrenzen von einem schlichten Vorbeifahren.
Problematisch war im vorliegendem Fall insbesondere, dass der Fahrer die anderen Verkehrsteilnehmer nicht auf der Straße, sondern auf dem Gehweg überholt hat.
Der BGH hat aber entschieden, dass das Überholen gegeben ist, sobald nach den örtlichen Gegebenheiten zusammen mit der Fahrbahn ein einheitlicher Straßenraum gebildet wird.
Unerlaubtes entfernen vom Unfallort
Das Verlassen eines Unfalls, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen – auch also Fahrerflucht bekannt – stellt gem. § 142 StGB eine Straftat dar. Hier sind Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren möglich.
Der Straftatbestand nach § 142 Absatz 1 StGB ist erfüllt, wenn eine am Unfall beteiligte Person den Unfallort verlässt, ohne die Möglichkeit zur Feststellung ihrer Personalien und der Unfallumstände zu geben, oder bevor eine angemessene Wartezeit verstrichen ist. Ein Unfall in diesem Sinne ist jedes plötzliche Ereignis im Straßenverkehr, bei dem sich ein verkehrstypisches Risiko verwirklicht. Die Höhe des Schadens spielt keine Rolle – auch bei kleineren Sach- oder Personenschäden kann der Tatbestand der Fahrerflucht gegeben sein.
Unfall im Straßenverkehr:
Ein Unfall ist ein plötzlich, unerwartetes Ereignis im Straßenverkehr und zu einem nicht völlig belanglosem Personen- oder Sachschaden führt.
Täter dieser Norm kann nur ein Unfallbeteiligter sein. Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen auf Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.
Weitere Delikte die häufig in Verbindung mit dem Verkehrsstrafrecht stehen
- Trunkenheit im Verkehr § 316 StGB
- Unterlassene Hilfeleistung § 323c StGB
- Fahrlässige Körperverletzung § 229 StGB
- Fahrlässige Tötung § 222 StGB
- Vollrausch § 323a StGB
- Urkundenfälschung § 267 StGB
- Gefährdung des Straßenverkehrs § 315c StGB
- Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr § 125b StGB
- Nötigung § 240 StGB
- Beleidigung § 185 StGB
- Illegale Kraftfahrzeugrennen § 315d StGB