In einer seiner lesenswerten Entscheidung OLG Celle , Beschl. v. 6.3.2025 – 11 U 138/24, hat sich der Senat ausführlich mit den Unterschieden des Schadensersatzrecht (§249 BGB), was in der KfZ-Haftpflichtversicherung zur Anwendung kommt, und dem versicherungsrechtlichen Vertragsrecht in der Kaskoversicherung auseinandergesetzt.
Die wesentliche Unterschiede in der KfZ-Haftpflicht und der Kaskoversicherung
Schon die juristische Begrifflichkeit zeigt die Unterschiede auf.
Während bei einem Verkehrsunfall mit zwei Fahrzeugen in der Regel ein Schädiger (Verursacher) und ein Geschädigter (Unfallopfer) vorhanden ist, spricht man bei Ansprüchen aus der Kaskoversicherung von Vertragsparteien (Versicherer und Versicherungsnehmer).
Schon von der Wertung her wird deutlich, dass der Geschädigte vom Schädiger - respektive seiner KfZ-Haftpflichtversicherung, eine vollständige Kompensation seines Schadens erhalten will. Ein solches Ergebnis wäre. nur gerecht.
Demnach ist Zielsetzung des Schadensersatzanspruches, eine möglichst vollständige Kompensation der erlittenen Schäden zu erhalten.
Bei einem versicherungsrechtlichen Anspruch gegenüber dem Kaskoversicherer, soll der Versicherer- sofern seine Eintrittspflicht (Versicherungsfall) festgestellt wird, dass vertraglich Versprochene leisten. Es geht also nicht um eine Kompensation erlittener Schäden, sondern um eine vertraglich festgesetzte Leistung. Auch das dürfte sich mit dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden nachvollziehen lassen. Der Versicherer hat hier nichts getan / verursacht.
Zahlungsobergrenzen bei fiktiver Abrechnung wirksam
Was der Versicherungsnehmer für Ansprüche hat, ergibt sich folglich aus dem Versicherungsvertrag (AKB). Auch wenn die Kaskoversicherer individuell eigene AKB erstellen, ändern oder ergänzen können, orientieren sie sich doch in der Masse an den Musterbedingungen von der GDV.
Sucht der durchschnittliche VN nach der Höhe der ihm zustehenden Entschädigung im Schadensfall, findet er entsprechende Regelungen unter Ziffer A.2.5 AKB, welche schon in der Klauselüberschrift darauf hinweist, dass Regelungen zur Zahlung im Schadensfall folgen. Er kann den nachfolgenden Versicherungsbedingungen Regelungen zur Entschädigung bei Beschädigung, Zerstörung, Totalschaden oder Verlust des Fahrzeugs und ggf. für mitversicherte Fahrzeugteile entnehmen.
Hier wird der Versicherungsnehmer feststellen, dass er die erforderlichen Reparaturkosten bei einer fiktiven Abrechnung, nur bis zur Höhe des um den Restwert geminderten Wiederbeschaffungswert verlangen kann, wenn er das Fahrzeug nicht sach,- und fachgerecht reparieren lässt.
Ist die Begrenzung der fiktiven Reparaturkosten auf den um den Restwert geminderten Wiederbeschaffungswert wirksam?
Mit genau dieser Frage hatte sich das OLG auseinandergesetzt. Denn wie bei jedem Vertrag, findet auch bei Versicherungsverträgen eine AGB-Kontrolle statt. Nach Ansicht des Senats, sind die Klausel weder überraschend - noch wird der Versicherungsnehmer benachteiligt:
"Zahlungsobergrenze bei fiktiver Abrechnung (Wiederbeschaffungswert minus Restwert) benachteiligt VN nicht unangemessen*
Auch benachteiligt die Regelung in Ziffer A.2.5.2.1 den VN nicht unangemessen iSv § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren wäre (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Mangels gesetzlichem Leitbild nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB weicht die Regelung in Ziffer A.2.5.2.1 von einem solchen nicht ab. Insbesondere sind vertragliche Regelungen über die Ersatzleistung in der Schadensversicherung – wie oben ausgeführt – nicht an § 249 BGB zu messen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VVGhat der VR bei der Schadensversicherung den durch den Versicherungsfall verursachten Vermögensschaden nach Maßgabe des Vertrages zu ersetzen. Art und Umfang der zu ersetzenden Schäden ergeben sich deshalb aus den Vereinbarungen der Parteien des Versicherungsvertrages (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2006, aaO Rn. 17 = r+s 2006, 366).
Eine unangemessene Benachteiligung der VN liegt auch nicht deshalb vor, weil eine Zahlungsobergrenze wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, iSv § 307 Abs. 2 Nr. 2BGB einschränkt, so dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Anders als der Kl. meint, versteht der durchschnittliche VN die Regelungen unter Ziffer A.2.5 AKB nicht dahingehend, dass der Vertragszweck der Kaskoversicherung auf einen vollen Ausgleich des Vermögensschadens gerichtet ist, sondern im Schadensfall eine Entschädigungsleistung nur innerhalb der oben angeführten Einschränkungen erfolgt.
Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der Entscheidung des BGH vom 11.11.2014 (IV ZR 426/14, aaO). Danach wird zwar ein durchschnittlicher VN nach dem Wortlaut der dort geprüften AKB, die ebenfalls die „erforderlichen Kosten“ für eine Reparatur zur Ermittlung der Kaskoversicherungsleistung im Falle der Beschädigung eines Kfz zu Grunde legten, davon ausgehen, dass ihm im Versicherungsfall diejenigen Aufwendungen ersetzt werden, die ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Betroffener in seiner Lage tätigen würde, um das beschädigte Fahrzeug wieder fachgerecht herzustellen (aaO Rn. 12); ein durchschnittlicher VN wird dem Begriff der erforderlichen Kosten nicht entnehmen, dass der Umfang seines Anspruchs gegen den VR generell hinter dem zurückbleiben soll, was im Schadenfall von einem haftpflichtigen Unfallgegner verlangt werden kann . Die Kl. verkennt aber, dass der BGH sich in der vorgenannten Entscheidung mit der Frage des Wiederbeschaffungswerts (ggf. gemindert um den Restwert) als Zahlungsobergrenze gar nicht zu beschäftigen hatte, sodass die Entscheidung auf die hier vorliegende Konstellation nicht übertragbar ist."
Wie kann der Versicherungsnehmer gegenüber seiner Kaskoversicherung abrechnen?
Was aber steht dem Versicherungsnehmer zu?
Da die meisten Kaskoversicherer -wie bereits erwähnt- die von der GDV entwickelte AKB übernommen haben, kann man die nachfolgende Konstellationen unterscheiden:
Reparaturkosten liegen über dem Wiederbeschaffungswert
Dann liegt ein Totalschaden vor. Der VN erhält den Wiederbeschaffungswert.
Reparaturkosten liegen unter dem Wiederbeschaffungswert
Hier sind dann zwei Abrechnungsmodalitäten möglich.
- Bei Reparatur können die erforderlichen Reparaturkosten verlangt werden.
- Bei fiktiver Abrechnung (also ohne Reparatur oder Teilreparatur) könne die Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes (Wiederbeschaffungswert – Restwert) verlangt werden.
Fazit
Sowohl im Bereich Kfz-Haftpflichtversicherung als auch im Bereich Kfz-Kaskoversicherung gibt es nicht nur hinsichtlich der möglichen Schadenpositionen zahlreiche -nicht immer verständliche- Besonderheiten.
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