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Darf der Arbeitgeber die Erlaubnis im Homeoffice zu arbeiten widerrufen?

Das Homeoffice hat sich in den letzten Jahren rasant verbreitet, angetrieben durch technologischen Fortschritt und, nicht zuletzt, durch die Pandemie.  Aus Sicht der Arbeitnehmer bietet es zahlreiche Vorteile:  flexible Arbeitszeiten,  ein besseres Work-Life-Balance,  kürzere Pendelzeiten und oft eine angenehmere Arbeitsatmosphäre.  Viele schätzen die Unabhängigkeit und die Möglichkeit, ihre Arbeitsumgebung selbst zu gestalten.

 

Doch die Kehrseite der Medaille zeigt sich zunehmend auch im Wunsch einiger Arbeitgeber, ein Ende des Homeoffice zu fordern.  Gründe dafür sind vielfältig und reichen von Bedenken bezüglich der Kontrolle und Kommunikation bis hin zu Sorgen um die Unternehmenskultur und den Teamgeist.  

 

Die Abwesenheit der persönlichen Interaktion und die Schwierigkeit, informelle Kommunikation zu fördern, werden häufig genannt.  Die Frage, ob Homeoffice langfristig tragfähig ist, hängt somit von einer ausgewogenen Lösung ab, die die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigt und die Herausforderungen effektiv meistert.  

 

Zunehmend werden auch die Arbeitsgerichte (zB. das Landesarbeitsgericht Köln)  mit diesem Spannungsverhältnis konfrontiert. Während viele Arbeitgeber versuchen ihre Angestellten wieder zurück in die Firma zu beordern- kämpfen Arbeitnehmer um ihren "neuen"  Arbeitsplatz.  

Sachverhalt

In dem vom Landesarbeitsgericht Köln entschiedenen Fall (Az. 6 Sa 579/23) stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer Versetzung des Arbeitnehmers zu einem anderen Standort und einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung. 

 

Der Kläger war seit mehreren Jahren als Arbeitnehmer bei der Beklagten tätig. Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit hatten sich die Parteien einvernehmlich darauf verständigt, dass der Kläger seine Arbeitsleistung zu etwa 80 % aus dem Homeoffice erbringt. Im Arbeitsvertrag wurde unter dem Punkt Tätigkeit und Aufgabenbereich folgendes festgehalten:

„Der Einsatzort des Angestellten bezieht sich auf die gesamte C-C Unternehmensgruppe und richtet sich nach den laufenden Projekten der C-C Unternehmensgruppe.“

 

Auch wenn der Arbeitsvertrag eine Klausel enthält, wonach der Arbeitsort im gesamten Bundesgebiet liegen könne, hat der Kläger tatsächlich überwiegende aus dem Homeoffice gearbeitet. 

 

Anlass des Rechtsstreits war die Schließung eines betrieblichen Standorts, an den der Kläger ursprünglich organisatorisch angebunden war. Daraufhin widerrief der Arbeitgeber die Homeoffice-Reglung und versetze den Arbeitnehmer an einen anderen Standort rund 500 km weiter weg. 

Entscheidung des Gerichts

Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber gem. § 106 S. 1 GewO ein Direktionsrecht zu.

 

Dies erlaubt ihm, unter anderem den Arbeitsort zu bestimmen. Jedoch ist jede Weisung daran zu messen, ob sie den Anforderungen des billigen Ermessens genügt.

 

Wie das Gericht betont gilt:

„Die Arbeitgeberin hat allerdings bei der Erteilung von Weisungen auch billiges Ermessen zu wahren, das heißt, dass sie die berechtigten Belange der Beschäftigten angemessen zu berücksichtigen hat. Die Grenzen billigen Ermessens sind gewahrt, wenn die Arbeitgeberin bei ihrer Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat.“ 

 

Im vorliegenden Fall wurde das billige Ermessen überschritten. Die Interessen des Klägers an der Fortsetzung der Arbeit im Homeoffice, insbesondere aufgrund der langjährigen Homeoffice-Tätigkeit und seiner festen privaten Bindung an den Wohnort, wurden nicht hinreichend berücksichtigt. Sowohl die Versetzung als auch die Änderungskündigung sind unwirksam.

 

Leitsätze des Urteils: 

1. Auch der Widerruf der einmal gegebenen Erlaubnis, die Arbeitsleistung vom Homeoffice aus zu erledigen, ist eine Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrecht und als solche am Erfordernis billigen Ermessens zu überprüfen. 

 

2.  Wird der Betriebsstandort, dem der im Homeoffice arbeitende Arbeiter bisher zugewiesen war, geschlossen und der Arbeitnehmer einem neunen Standort zugewiesen, ohne dass ich der Inhalt der geschuldeten Arbeit ändert, ist diese Neuzuweisung allein kein sachlicher Grund, der Weisung, nunmehr 500 km entfernt zu arbeiten, als billig erschienen lassen könnte. 

Lehren für die Praxis- Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten sollten.

In der heutigen Arbeitswelt hat sich das Arbeiten im Homeoffice als fester Bestandteil etabliert und ist aus vielen Unternehmensstrukturen nicht mehr wegzudenken. Es ist daher für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wichtig diesbezüglich Reglungen im Arbeitsvertrag festzuhalten, um Rechtssicherheit für beide Parteien zu gewährleisten.

 

Insbesondere empfiehlt es sich, konkret vertragliche Vereinbarungen zu treffen beispielsweise darüber, an welchen Wochentagen die Tätigkeit aus dem Homeoffice gestattet ist, ob die Möglichkeit des mobilen Arbeitens zeitlich befristet oder dauerhaft gewährleistet wird oder aber auch unter welchen Voraussetzungen eine Rückkehr zur Präsenzarbeit verlangt werden kann.

 

Durch eine derartige vertragliche Ausgestaltung wird gewährleistet, dass die Interessen der beiden Parteien transparent berücksichtigt werden. Gleichheit können potenzielle arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen über Umfang, Dauer oder Beendigung der Homeoffice-6Tätigkeit effektiv vermieden werden. 


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