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Referenzzins für Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen- Was Sparer wissen müssen.

Sachverhalt

BGH, Urteile vom 9. Juli 2024 - XI ZR 44/23 und XI ZR 40/23

Viele Sparkassen (aber auch zahlreiche andere Kreditinstitute  schlossen mit Verbrauchern sogenannte Prämiensparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach - bis zu 50% ab dem 15. Sparjahr - gestaffelte verzinsliche Prämie vorsehen.

 

Eine diesbezügliche Klausel hielt dann die Verbraucherzentrale (Niedersachsen) für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge von den Sparkassen und Raifeisenbanken  vorgenommene Verzinsung für zu niedrig. Sie begehrten mit mehreren Musterfeststellungsklagen u.a. die Bestimmung eines Referenzzinses, der für die von den betreffenden Banken und Kreditinstitutionen  vorzunehmenden Zinsanpassungen maßgebend ist.

 

Der Bundesgerichtshof gab der Verbraucherzentrale Recht und konkretisierte nunmehr die Berechnung des Referenzzinses.

 

Nach Schätzung der BaFin (Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen) gibt es in Deutschland ca. 1,1 Millionen solcher Prämiensparverträge. 

 

Welche Klauseln in Sparverträgen sind unwirksam?

Bereits mit BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 hatte der für das Bank,- und Kapitalmarktrecht zuständige Zivilsenat festgestellt:

 

"Bei langfristig angelegten Sparverträgen ist eine formularmäßige Zinsänderungs-

klausel, die dem Kreditinstitut eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis

einräumt, unwirksam"

 

Mit der Entscheidung BGH vom 13.04.2010 -XI ZR 197/09 stellte der BGH sinngemäß fest, dass es einer Bank zwar grundsätzlich möglich ist, einen variablen Zinssatz anzubieten, eine Klausel die in ihrer konkreten Ausgestaltung das Mindestmaß an Kalkulierbarkeit vermissen lässt, ist jedoch unwirksam.

 

Bei der hierdurch entstehenden Lücke der Zinsänderungsklausel, ist diese entsprechend auszulegen (§§ 133, 157 BGB), wobei weder ein einseitiges Bestimmungsrecht der Bank noch des Bankkunden maßgeblich ist. 

 

Die Lücke ist demnach von der Rechtsprechung zu schließen wobei zu berücksichtige ist:

"Der typische Sparer, der Sparverträge der vorliegenden Art abschließt, zeigt allerdings keinerlei Risikobereitschaft, so dass der im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu bestimmende Referenzzins ebenfalls keinen Risikoaufschlag enthalten darf."

Wie schließt der BGH nun diese Lücke?

Der BGH hat nun für die Verbraucher (Bankkunden / Sparer / Anleger) entschieden:

 

"Die von den Oberlandesgerichten als Referenzzins herangezogenen Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren (Zeitreihe WU9554) genügen den Anforderungen, die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind. Sie werden von der Deutschen Bundesbank, einer unabhängigen Stelle, nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt sowie in deren Monatsberichten regelmäßig veröffentlicht und begünstigen daher weder einseitig die Sparer noch die beklagten Sparkassen. Die Umlaufsrenditen von Bundesanleihen spiegeln zudem die jeweils aktuellen risikolosen Zinsen am Kapitalmarkt wider und enthalten in Ermangelung eines Ausfallrisikos keinen Risikoaufschlag. Zudem kommen die Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahre der herangezogenen Umlaufsrenditen der typisierten Spardauer bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren hinreichend nahe."

Wie viel Geld steht mir als Sparer zu?

Wenn Sie sich jetzt -trotz des sensationellen Urteils immer noch nicht "schlauer" fühlen, ist das kein Problem. 

Die Verbraucherzentrale hat nach eigenen Angaben ca. 10.000 Verträge inzwischen geprüft und geht von einer Rückerstattung von durchschnittlich 1.000 bis 2.000,-€ aus.

 

"Die Verbraucherzentralen haben bereits mehr als 10.000 langfristige Sparverträge von verschiedenen Banken und Sparkassen überprüft und nachgerechnet. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen haben Verbraucher:innen im Mittel 1.000 bis 2.000 Euro an Zinsen zu wenig erhalten. Die aktuellen BGH-Urteile bestätigen das. Die Höhe der Zinsnachforderung hängt vom regelmäßigen Sparbeitrag ab sowie der Vertragslaufzeit und dem verwendeten von der Sparkasse verwendeten Referenzzins"

Was sollten Sparer langfristiger Prämiensparverträge jetzt tun?

Hier ist zunächst eine wichtige Unterscheidung zu treffen!

Diejenigen die sich den Musterfeststellungsklagen der Verbraucherzentrale angeschlossen haben und/oder einen entsprechenden Prämiensparvertrag bei den beklagten Sparkassen haben, sollten ihre Sparkasse nunmehr mit Hilfe des Urteils auffordern, eine Neuberechnung der Zinsen anhand der BGH-Entscheidung vorzunehmen und auszuzahlen. 

 

Nach Mitteilung der Bafin sind jedoch noch zahlreiche andere Verträge und Banken mit ähnlichen Klauseln betroffen. Für diese sind die Entscheidungen des BGH zwar nicht bindend. Es dürfte aber davon auszugehen sein, dass das Urteil auch auf diese Verträge entsprechend ausstrahlt.

 

Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, seine Verträge, durch spezialisierte Rechtsanwälte im Bank,- und Kapitalmarktrecht anwaltlich überprüfen zu lassen.

Wann verjährt ein Anspruch auf Zahlung der (neuen) Zinsen?

Wenn Sie an einer der Musterfeststellungsklagen beteiligt waren, ist ihre Verjährung gehemmt.

Für alle die nicht am Musterfeststellungsverfahren beteiligt waren gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 

3 Jahren ab Beendigung des Vertrages.

 

D.h. alle Prämiensparverträge die im Jahr 2021 beendet worden sind, müssen noch bis zum 31.12.2024 aktiv gegen ihre Bank vorgehen!

Die Dortmunder Rechtsanwaltskanzlei Scholz hilft Sparern bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche gegen die Bank.

Als auf das Versicherungsrecht,  Bank,- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Kanzlei unterstützt Rechtsanwalt Scholz, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Anleger, Sparer, Bankkunden und Versicherungsnehmer bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen Banken, Sparkassen, Kreditinstituten Finanzdienstleistern und Versicherer.

 

Gerne stehen wir auch Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und setzen ggf. Ihre Ansprüche mit allen legalen Mittel, sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich durch.

 

Für eine kostenlose Erstberatung stehen wir jederzeit zur Verfügung und prüfen, ob Ihnen ggf. ein Anspruch gegen Ihre Bank zusteht.

 

Für Bankkunden, dessen Prämiensparvertrag im Jahr 2021 beendet war haben wir extra Slots zum Jahresende eingeführt. Bitte nennen Sie hierzu im Betreff: Achtung Verjährung!

 

Ich freue mich schon Sie bald in Dortmund oder bundesweit als Mandanten der Kanzlei begrüßen zu dürfen. 

 

Ihr Marcus Scholz

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht

Groß,-und Außenhandelskaufmann (IHK)